Falk hat zur Rettung des Kleinodes aufgerufen, und ich habe seiner Bitte Folge geleistet:
Da stand er nun auf seinem Balkon, diesem
Kleinod aus rosa Fuchsien und weißen Begonien, dazwischen kleine Kübel mit Bux - einem richtigen
Labsal für die Augen -, und er dachte mit Wehmut an seine Nachbarin von gegenüber. Plötzlich wurde es ihm ganz
blümerant, denn sie war nicht mehr da.
Im Hintergrund lief die alte Platte, welche einige Kratzer hatte, aber unermüdlich „Püppchen, du bist mein
Augenstern, Püppchen, hab dich zum Fressen gern“ trällerte, diesen Schlager, welchen er schon als
Dreikäsehoch gesungen hatte, während er heimlich an ihren
Schlüpfern roch, die bei schönem Wetter unten im Hof auf der Wäscheleine hingen.
Marie hiess sie, eigentlich Frau Maria Görke, aber er nannte sie nur Marie – das klang so lieblich wie ihre Gesichtzüge, die ihr wahres Alters hinter zärtlichen Fältchen verbargen. Sie war ihm
hold gewesen, denn sie hatte sich immer über die kleinen Sträuße, welche er ab und an stillschweigend vor ihre Wohnungstür legte, gefreut. Und er fühlte sich dann
gebauchpinselt, wenn sie ihm von ihrem selbstgebackenen Kuchen ein Stück zum probieren vorbeibrachte. Einmal hatte er sie sogar ins
Lichtspielhaus eingeladen - Dr. Schiwago lief in der 13. Woche -, doch sie hatte ihm
fernmündlich absagen lassen, dass sie solche Offerten nicht annehmen könne. Das schickt sich nicht für eine ältere Dame. Jetzt war sie für immer gegangen, Marie seine Jugendliebe, und er wischte sich mit einem Taschentuch die Tränen aus den Augen...
Nun habe ich genug getrieft, und den
bedrohten Worten meine Ehrerbietung dargebracht. Und wer diese Idee auch famos, wenn nicht sogar knorke findet, darf uns gerne nacheifern...